Das Cover sagt es bereits: Geh mir weg mit deiner Naturromantik! Wenn es nach DWAAL geht, werden die sogar die Stockfotomodels im Norwegerpulli beim Waldbaden depressiv. Aber ist ja auch berechtigt, bei dem, was das Osloer Sextett durchgemacht hat, in den Jahren seit ihrem punktgenau zur Pandemie veröffentlichten Debütalbum „Gospel Of The Vile“. Das Infoschreiben listet folgendes:
„1 surprise pandemic, 1 rehearsal space eviction, 1 rehearsal space flooding, 1 booking deal evaporated into the covid mist, an unknown number of cancelled gigs all over Europe, 2 covid related layoffs, 3 breakups, 5 mental breakdowns, 5 hospitalisations, 1 near-death experience“
Na bravo. Dass „Never Enough“ nun nicht besonders fröhlich klingt, ist folglich keine Überraschung. Der sludgige Post Metal von DWAAL ist aber schon besonders trist. Gitarrenwände, schleppendes Drumming und verzerrter Bass, dazwischen flächige Synthesizer versetzen die Rezipienten in Richtung Anfang des Jahrtausends und lassen Erinnerungen an BURIED AT SEA wach werden. Auch zeitgenössische Bands wie PRIMITIVE MAN stehen in Sachen massiver Riffs und boshafter Growls Pate.
DWAAL können auch leise: Das Osloer Sextett ist stellenweise sogar subtil auf „Never Enough“ unterwegs – nur leider zu selten.
Dazwischen sind DWAAL aber immer wieder überraschend subtil unterwegs. „Leichenhalle“ spielt mit Dynamik und gerade in den leisen Momenten überrascht das Sextett. Verglichen mit Genregrößen wie CULT OF LUNA gibt es aber zu wenig Finesse im Gesamtbild, die zum eintauchen in den Klangkosmos einladen. Apropos CULT OF LUNA: „Repentance Of A Bastard“ klingt mit seinem nervösen Synthesizer wie eine Acid-Version von „Vertikal“ – das hat durchaus Charme. In diesem Song stimmen auch die Steigerung und der intensive Aufbau über die gesamten 12 Minuten hinweg.
Leider halten DWAAL dieses Level nicht über die gesamte Spielzeit hinweg. Auch wenn immer wieder leise Momente die Wand aus Riffs auflockern, insgesamt gesehen sind DWAAL etwas zu eindimensional – das ist der Preis der überdurchschnittlichen Heaviness. In seiner Gesamtheit ist „Never Enough“ ein post metallisches Sludge-Album voller Bitterkeit, ohne Licht am Ende des Tunnels, ohne Waldromantik und ohne der kuscheligen Kratzigkeit eines Wollpullovers. Vermutlich wollten DWAAL genau das, und nichts anderes ausdrücken. Also Vorsicht, wenn die Laune eh schon am Boden ist und der Algorithmus dieses Album in die Playlist spült.
Wertung: 3 von 5 Pechsträhnen
VÖ: 29. September 2023
Spielzeit: 44:36
Line-Up:
Bjørnar Kristiansen – Vocals
Eigil Dragvik – Guitar
Rikke Karlsen – Guitar
Stian Hammer – Bass
Siri Vestby – Keys
Anders Johnsen – Drums
Label: Dark Essence Records
DWAAL „Never Enough“ Tracklist:
1. All Masters, all Servants
2. Pseudanthium Aionios
3. Leichenhalle
4. Repentance Of A Bastard
5. You Will Never Be Enough
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